Zielsetzung
Das MRT stellt den Goldstandard bei der lokoregionären Ausbreitungsdiagnostik des Rektumkarzinoms dar. In den aktuellen Leitlinien werden insbesondere die cT- und die cN-Kategorie für die Entscheidung zu einer neoadjuvanten Therapie zugrunde gelegt. Allerdings werden zum Teil große Unsicherheiten in der Genauigkeit dieser Kategorien beschrieben. Ziel dieser prospektiv-experimentellen Studie ist es, die Übereinstimmung von prätherapeutischem MRT und postoperativem histopathologischen Befund bezüglich der T- und der N-Kategorie in einer deutschlandweiten Querschnittsstudie zu überprüfen.
Material und Methoden
Aus dem Datenpool der OCUM-Studie wurden 51 MRT-Befunde von nicht-vorbehandelten Patienten (davon 24 weiblich) mit einem histologisch gesichertem Adenokarzinom des Rektums <=12 cm von Analrand ohne nachgewiesene Fernmetastasen (Stadien I – III) ausgewählt. Die MRTs wurden server-basiert von n=79 gegen den histopathologischen Befund verblindeten Radiolog*innen (Rater) mit unterschiedlicher Expertise und Affiliation ausgewertet. Die Befundung der lokoregionären Ausbreitung erfolgte anhand eines algorithmischen Pfades, der an der Vorlage der Arbeitsgemeinschaft Abdomen zur „strukturierten Befundung“ der Deutschen Röntgengesellschaft orientiert war. Die erhobenen Befunde wurden mit dem histopathologischen Befund verglichen und die Übereinstimmung mit dem Cohen’s Kappa Koeffizienten beurteilt.
Ergebnisse
Bei den 51 zugrundeliegenden Rektumkarzinomen handelte es sich um n=23 (45,1 %) im pathologischen UICC-Stadium I, n=11 (21,6 %) im Stadium II und n=17 (33,3 %) im Stadium III. Insgesamt wurden 3124 vollständige MRT-Befundungen für die Kombination cTcN durchgeführt. In 776 (24,8%) Befundungen konnten sich die Rater aufgrund eines cTX oder eines cNX nicht bezüglich des UICC-Stadiums festlegen. Das klinische UICC-Stadium stimmte in 1079 (34,5 %) Befundungen mit dem histopathologischen Befund überein, bei 765 (24,5 %) Befundungen lag ein Overstaging und bei 504 (16,1 %) ein Understaging vor. Der Cohen’s Kappa Wert der Übereinstimmung betrug 0,127 [0,043 – 0,21 (95% KI)].
Schlussfolgerungen
Die vorliegende Studie zeigt für lokal eher wenig fortgeschrittene Rektumkarzinome bei der Beurteilung durch Rater mit unterschiedlicher Erfahrung im Sinne der „real world“-Situation eine geringe Übereinstimmung der bildgebenden mit den pathologischen T- und N-Kategorien. Die in der Literatur angegebenen deutlich höheren Übereinstimmungswerte sind möglicherweise auf die Befundung durch nur wenige Expertenradiologen zurückzuführen und reflektieren nicht hinreichend die Alltagssituation. Aus den Ergebnissen lässt sich ein Schulungsbedarf für in Darmkrebszentren tätige Radiolog*innen ableiten. Die Etablierung eines Curriculums mit Zertifizierung könnte hierfür ein wichtiger nächster Schritt sein.